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The Floods
of the World
Deserve Witnesses

DOCKS Collective

Als Kollektiv teilen wir eine ähnliche Sicht auf die Welt, auf das, was uns wichtig erscheint.

Normalerweise ist es eine ruhige Perspektive, die Situationen manchmal aus der Distanz zeigt und so einen Blick auf den größeren Zusammenhang ermöglicht.

Einige Bilder und Momente werden erst später relevant, und bei anderen weiß man bereits in dem Moment, in dem man den Auslöser drückt, dass alles ganz genau stimmt. Die Perspektive, das Licht, die Komposition und alle Elemente, mit denen man arbeitet, um von einem Ereignis zu erzählen, kommen zusammen. Die Bedeutung eines Moments versteht man meist, wenn man sich in der Situation befindet, ob daraus ein relevantes Bild entsteht, zeigt sich erst später im größeren Kontext. Wenn wir die Bilder im Auswahlprozess gemeinsam durchgehen, ist immer relativ schnell klar, welches Bild am aussagekräftigsten und überzeugendsten ist.

The Floods of the World Deserve Witnesses

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Dieses Bild entstand am 15.07.21 im deutschen Dorf Dernau – der ersten Nacht nach der Flut, die 186 Menschen das Leben kostete und viele Häuser zerstörte. Dernau ist einer der am stärksten betroffenen Orte im Ahrtal. Das Motiv ist Teil unseres persönlichen Projekts und wurde später in verschiedenen deutschen und internationalen Medien veröffentlicht. TIME hat das Bild als eines der Fotos 2021 ausgewählt und es war auf dem Cover der Flut-Ausgabe von Die Zeit.

Wir sahen Retter in einem Gummiboot langsam durch das Dorf gleiten und mit einer Taschenlampe nach Überlebenden suchen. Es war sehr still, und die Taschenlampe der Rettungsschwimmer war die einzige Lichtquelle. Es war einer dieser beängstigenden, aber magischen Momente, der von der Tragödie erzählt, vielleicht mehr als alle schrecklichen Fotos der Verwüstung.

Das ist eines der wichtigsten Bilder in unserem Projekt – tatsächlich hat es uns dazu bewegt, weiter an der Geschichte zu arbeiten. Die Aufnahme ist in der ersten Nacht nach der Flut entstanden, als die Region und das ganze Land noch unter Schock standen und alle versuchten, das Ausmaß der Tragödie zu verstehen. Das einst idyllische und touristisch geprägte Weinanbaugebiet lag in Trümmern, die Straßen waren voll umgestürzter Bäume, zerstörter Autos und von Trümmern, die die Flut angeschwemmt hatte. Mehr als tausend Menschen wurden wegen mangelnder Kommunikation als vermisst gemeldet.

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Niemand von uns hatte zuvor an so einem Thema gearbeitet oder eine solche Katastrophe in Deutschland mit eigenen Augen gesehen. Das, was wir sahen, hat uns emotional so überwältigt, dass wir nicht sicher waren, ob wir wieder dorthin zurückkehren würden. Von unserem Standpunkt auf dem Hügel aus konnten wir durchatmen und einmal von außen betrachten, was geschehen war.
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Überall war noch Wasser, es gab keinen Strom und jemand sang SOS vom Balkon seines Hauses aus, da es unmöglich war, allein herauszukommen.

Dieses Bild ist Teil unseres fotografischen Essays „Die Flut in Westdeutschland“, der die Zerstörung, den Schmerz und die Schwierigkeiten des Wiederaufbaus in den überschwemmten Gebieten über den Zeitraum eines Jahres dokumentiert. Seit dem 15.07.2021 fotografieren wir als Kollektiv in den betroffenen Regionen, bauen Beziehungen auf, begleiten Evakuierung und Rückführung, folgen Einsatzkräften und Freiwilligen. Wir dokumentieren unsere Erfahrungen und wie die Betroffenen mit dieser Jahrhundert-Katastrophe umgegangen sind.

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Vier von uns lebten damals in Dortmund, das ganz in der Nähe der am stärksten von Überschwemmungen betroffenen Gebiete liegt. Dorthin zu gehen und zu dokumentieren, was geschehen war, schien uns als Journalisten eine naheliegende Reaktion auf eine Katastrophe zu sein, die ganz in unserer Nähe passierte. Ein Hochwasserprojekt kann man nicht planen, und als wir das erste Mal in Dernau waren, dachten wir nicht, dass wir ein Jahr an dem Thema arbeiten würden. Aber das wurde uns in nur wenigen Tagen klar, als wir erkannten, wie wichtig es war, gerade jetzt an diesem Ort und bei diesen Menschen zu sein.

Eine Fotografin, ein Fotograf zu sein, ist für uns mehr als ein Bild aufzunehmen. Es geht um eine Haltung gegenüber der Welt.

Fotografie ist für uns eine Art, die Welt zu betrachten, Dinge zu verstehen, zu kommunizieren. Sie führt uns an Orte, an die wir ohne zu fotografieren niemals reisen würden, sie liefert eine Art Erlaubnis, vor Ort zu sein, mit Menschen zu sprechen und mehr über sie und ihre Sicht auf die Dinge zu erfahren. Manchmal fühlt es sich an, als wäre die Fotografie ein Schlüssel zu diesen Momenten.

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DOCKS Collective

LOBA Shortlist Kandidat 2022

Das DOCKS-Kollektiv und sein Projekt "Das Hochwasser in Westdeutschland" waren einer der Kandidaten für den Leica Oscar Barnack Award 2022.