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Interview mit Megan Doherty
Woman

Die Gewinnerin des Fotowettbewerbs M Is M, Megan Doherty, spricht über ihre Art des fotografischen Geschichtenerzählens, ihre visuellen Einflüsse und wie sie mit der Leica M11-P Bilder voller Persönlichkeit einfangen will.

Von Motivation und Mut bis hin zu Meditation und Muße: Der Buchstabe „M“ steht für viele verschiedene Aspekte der Fotografie. Anlässlich des 70-jährigen Jubiläums des legendären Leica M-Systems haben wir Fotografen und Fotografinnen auf der ganzen Welt eingeladen, uns zu zeigen, was „M“ für sie bedeutet. Der Wettbewerb M Is M: What’s Your M Moment? sorgte für fantastische Beiträge aus der ganzen Welt, die das Wesen von Leicas Engagement für Qualität und Innovation in der Welt der Fotografie neu zu interpretieren wussten.

Unter den unzähligen Einsendungen stachen die visuelle Poesie und filmische Qualität von Megan Dohertys Arbeiten besonders hervor: Die nordirische Fotografin hat die einzigartige Fähigkeit, außergewöhnliche Schönheit in gewöhnlichen Momenten aufzuspüren. Mit ihrem Preis – einer Leica M11-P – steht sie nun an einem spannenden Scheideweg, denn sie wechselt von der analogen zur digitalen Fotografie. Dieser Wechsel verspricht, neue kreative Möglichkeiten zu eröffnen und gleichzeitig die intime und filmische Qualität zu bewahren, die ihre Arbeit auszeichnet. Im Interview spricht sie über ihren künstlerischen Ansatz, ihre Einflüsse und ihre Visionen für zwei brandneue Projekte, die sie mit ihrer neuen Leica Kamera umsetzen möchte.

Das Interview

Leica: Was zog Sie ursprünglich zur Fotografie als Medium zum Erzählen von Geschichten?

Megan Doherty: Die Fotografie ermöglichte es mir, die Welt in meinem Kopf auf die Landschaft vor mir zu projizieren. Ich konnte Tagträume und Erzählstränge zum Leben erwecken, indem ich meine Visionen nachstellte und sie in einem Standbild festhielt. Die Fotografie wurde im Wesentlichen zu meinem Werkzeug, um ein Stück weit der Realität zu entkommen.

Sad woman sitting in front of her birthday cake with candles

Leica: Können Sie uns etwas über Ihren typischen Aufnahmeprozess erzählen? Wie gehen Sie an eine Szene oder ein Thema heran, wenn Sie Ihre Bilder machen?

Megan Doherty: Bei persönlichen Aufnahmen habe ich in der Regel eine Idee und erstelle ein Moodboard, das ich mit dem Modell oder den Modellen teilen kann, um die Vision zu vermitteln. Wenn ich dann vor Ort bin, lenke ich das Motiv so, dass es meine ursprüngliche Idee am besten einfängt. Der Aufnahmeprozess ist jedoch grundsätzlich sehr kooperativ, und ich lasse meinen Protagonisten gern die Freiheit, ihren eigenen Instinkten zu folgen und im Raum zu experimentieren. Ich bin der Meinung, dass die Fotos dadurch über die Inszenierung hinausgehen und zu authentischen und dokumentierenden Bildern werden.

Three people on the street

Leica: Ihre Fotografien haben eine ausgeprägte filmische Qualität. Welche Fotografen oder Filmemacher haben Ihre Arbeit beeinflusst?

Megan Doherty: Nan Goldin, Corinne Day, Wong Kar-wai, Sofia Coppola, Sean Baker, Wim Wenders – nur um einige zu nennen.

Leica: Können Sie uns Ihre Gedanken zu ihren bevorzugten Brennweiten mitteilen – und wie diese Ihren Erzählstil prägen?

Megan Doherty: Ich neige dazu, mit einem 50-mm-Objektiv zu arbeiten, weil es mir intimer vorkommt. Ich gehe normalerweise immer nah an das Motiv heran, da es einen engeren Bildausschnitt hat und eine schöne geringe Schärfentiefe erzeugt.

Woman sitting in a coffee shop

Leica: In Ihren Arbeiten geht es um Themen wie Isolation und Einheit sowie um die Suche nach der Schönheit im Alltäglichen. Wie sehen Sie diese Themen in Ihren zukünftigen Projekten?

Megan Doherty: Ich werde weiterhin nach ruhigen und nachdenklichen Momenten in meiner Arbeit suchen, aber auch nach chaotischen und verspielten, die sich alle poetisch anfühlen und die menschliche Erfahrung widerspiegeln. Ich denke, ich werde die Fotografie auch in Zukunft nutzen, um sowohl die freudigen als auch die melancholischen Augenblicke des Lebens – und alles, was dazwischen liegt – auf romantische Art und Weise einzufangen.

Woman in a Train

Leica: Sie haben bei dem Fotowettbewerb eine Leica M11-P gewonnen. Welche Projekte werden Sie mit der Kamera in Zukunft in Angriff nehmen?

Megan Doherty: Ich bin gerade dabei, eine neue Serie zu drehen, die sich auf die Kreativszene in meiner Heimatstadt Derry konzentriert. Ich werde eine breite Palette von Menschen (Musiker, Schriftsteller, Künstler) dokumentieren, und zwar in ihrem eigenen Umfeld – sei es zu Hause, hinter der Bühne bei einer Show, oder beim Ausgehen. Mein Ziel ist es, diese Personen in einem echten und authentischen Licht zu zeigen und Bilder voller Persönlichkeit und Intimität einzufangen.

Zudem arbeite ich in meiner Freizeit an einem Selbstporträt-Projekt – ich spiele eine fiktive Figur im Rahmen einer erfundenen Hintergrundgeschichte, die durch eine Mischung aus Fotografie, Text und verschiedenen anderen Medien visuell vermittelt wird – und ich freue mich darauf, die M11-P für diese Serie zu verwenden.

Leica: Wie könnte der Übergang von der analogen zur digitalen Fotografie Ihre Arbeit und Ihren kreativen Ansatz beeinflussen?

Megan Doherty: Wenn man auf Film fotografiert, ist man gezwungen, langsam zu arbeiten und bestimmte Momente zu antizipieren, während man bei der digitalen Fotografie die Freiheit hat, extrem viele spontane Situationen einzufangen, sodass man bei der späteren Bearbeitung aus einem größeren Fundus auswählen kann. Ich glaube, dass die Bilder aufgrund des Schnappschusscharakters der digitalen Fotografie eher dokumentiert als inszeniert wirken werden.

Megan Doherty, photographer

Megan Doherty

Megan Doherty ist eine aus Nordirland stammende Fotografin. Ihre Arbeit verkörpert Ideen von Jugend und Eskapismus durch eine dunkle, filmische Bildsprache.

Doherty begann mit ihrer Arbeit, um die Sehnsucht nach einer Welt jenseits der Monotonie des Kleinstadtlebens zu stillen. Mithilfe von Fotografien projiziert sie eine filmische Welt auf die Landschaften um sie herum und schafft so ein Mittel, um stellvertretend durch ihre Arbeit leben zu können.

Dohertys Werk befasst sich mit Ideen von Subkultur und Identität, der Erforschung von Isolation sowie dem Trost in der Einheit und schließlich der Suche nach Schönheit im Alltäglichen.

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