Martina-Trepczyk-by-Natascha-Furst

Momentum by Martina Trepczyk

Wurzeln und Wege der Unterwasserfilmkunst

Emotionale Verbindung zur Natur

Filmemacherin, Fotografin und Künstlerin Martina Trepczyk erzählt von ihrer Reise zwischen Welten und Sprachen. Ihr tiefstes Gefühl von Freiheit findet sie im Meer. Sie verbrachte ihre Kindheit im Haus ihrer Großeltern an der polnischen Küste – dort begann ihre Faszination für die Natur. Schon früh zeichnete sie Storyboards von Meereslebewesen und anatomische Querschnitte gebärender Tiere.

Noch vor ihrem zwölften Lebensjahr machte sie mit ihrem Vater ihren ersten Tauchgang in Kroatien. Gemeinsam begegneten sie einem Oktopus – ein unvergesslicher Moment. Er löste einen immer wiederkehrenden Traum aus: Wale und Orcas in freier Wildbahn zu sehen. Für Martina bedeutet Unterwasser zu sein "Befreiung". Es ist das Eintauchen in etwas Größeres, vielleicht sogar Spirituelles. Eine Begegnung mit dem Transzendenten.
Tauchen ist für sie sowohl eine technische Praxis als auch eine Berufung. Die Stille spielt dabei eine zentrale Rolle – nicht als Abwesenheit von Klang, sondern als innere Ruhe, die man entdeckt. Auch wenn der Ozean still erscheinen mag, ist das Riff lebendig – oder sollte es zumindest sein.

Kreatives Schaffen unter Wasser und an Land

Martina vereint Perspektiven, die oft als Gegensätze gelten: Politik und Poesie, Naturschutz und Kunst. Für sie sind diese untrennbar miteinander verbunden. Kunst soll dem Aktivismus dienen – nicht nur der Ästhetik. Ein zentrales Thema ihrer Arbeit ist der Ursprung. Wiederkehrende Gefühle sind Anmut, Ehrfurcht und Sinnlichkeit – sei es durch einen mit Honig bedeckten Oberkörper, einen Tigerhai, nackte Haut, zwei Mantarochen oder ein Gorilla-Baby. Das Wesen ihrer Arbeit ist zugleich ihr Auftrag: tief zu empfinden und Emotionen zu wecken, die keinen Namen tragen – sondern erlebt werden müssen. Die Erde war einst Heimat einer riesigen Vielfalt an Säugetieren. Heute machen Wildtiere nur noch rund vier Prozent der gesamten Säugetier-Biomasse aus. Ihre Bestände sind schätzungsweise um 85 Prozent zurückgegangen. Im Gegensatz dazu dominieren Nutztiere. Allein Rinder wiegen heute fast zehnmal mehr als alle wilden Säugetiere zusammen.

Diese erschütternden Realitäten sind allgegenwärtig in Martina Trepczyks Werk. Sie möchte die Seltenheit der wilden Biodiversität und die Dringlichkeit ihrer Zerbrechlichkeit sichtbar machen.
Haie durchstreiften die Ozeane der Erde lange bevor der Nordstern am Himmel leuchtete, bevor Saturn seine Ringe trug, bevor der erste Baum Wurzeln schlug. Sie sind uralte Zeugen der Schönheit unseres Planeten – gleitend durch das Meer wie die Zeit selbst. Das Wasser, das einst Wolken bildete, fließt noch immer durch Flüsse – als Teil eines ewigen, ununterbrochenen Kreislaufs. Martina begreift ihr Werk als Hommage an die Natur – und als Einladung, ihr mit Mut und Sinnlichkeit zu begegnen.

Martina-Trepczyk-by Laura-Reichert

„Was mich am meisten geprägt hat, war meine erste Begegnung mit einem Tigerhai. Ich werde diesen Moment nie vergessen. Es war auf den Malediven, im flachen, türkisfarbenen Wasser. Plötzlich sah ich einer vier Meter langen Tigerhai-Dame in die Augen. Meine Tauchmaske begann zu beschlagen, und es fühlte sich an, als würde Wasser eindringen. Dann wurde mir klar: Tränen füllten meine Maske.
Dieses gefürchtete Wesen löste in mir keine Angst aus, keine Beklemmung. Nur Schönheit.“

- Martina Trepczyk

Verbindung. Naturschutz. Politik. Poesie.

Diese Erfahrung veränderte Martina Trepczyk grundlegend. Der moderne Mensch versteht sich oft als getrennt von der Natur – statt als Teil von ihr. In diesem Moment erkannte sie: Wir sind nur ein kleiner Teil von etwas Großem. Unter Wasser zu sein, bleibt für Martina eine Form von Freiheit. Es erlaubt ihr, sich mit etwas Größerem zu verbinden. Tauchen ist nicht nur Disziplin, sondern ein Zustand des Seins. Die Stille prägt weiterhin ihre Arbeit unter Wasser. Auch wenn das Meer still erscheint – es pulsiert vor Klang. Korallen knistern, Fische nagen hörbar, und Schall breitet sich im Wasser viel schneller aus als in der Luft. Gerätetauchen – anders als Apnoetauchen – ist keine stille Handlung. Dennoch ist es Martina schon mehrmals passiert, dass ein Hai oder ein Blauwal direkt hinter ihr vorbeizog, ohne dass sie es bemerkte.

Im Gegensatz dazu können Dschungel so laut sein, dass Schlaf kaum möglich ist. Als Reaktion darauf richtet Martina ihren Fokus stärker auf visuelle Eindrücke – und sucht Stille in den negativen Räumen ihrer Kompositionen.

Martina Trepczyk

„Ich erschaffe Werke, die uns mit der Bewegung des Planeten verbinden.
Am Ende zählt nicht, über den Ozean zu sprechen –
sondern selbst zum Ozean zu werden.“

Martina Trepczyk

Martina mit der Leica SL3-S

Unterwasserdrehs erfordern Vorbereitung auf vielen Ebenen. Neben Reiseplanung ist die technische Vorbereitung entscheidend. Ausrüstung muss gewartet, gemietet und geprüft werden.

Martina kennt ihr Equipment in- und auswendig. Die Kamera und Tauchausrüstung zu bedienen, ist für sie wie ein Reflex. Unter Wasser wiederholen sich Momente nicht. Wenn ein Hai vorbeischwimmt oder ein Silberrücken-Gorilla ihrer Linse in die Augen blickt, zählt nur Präsenz – die Bereitschaft, auszulösen oder aufzunehmen.

Alle anderen Einstellungen – ISO, Verschlusszeit – erfolgen fließend im Tauchgang oder bei wechselndem Licht. Je tiefer sie hinabtaucht, desto blauer wird die Welt. Das menschliche Auge nimmt diesen Wandel wahr, weil Licht unter Wasser schnell absorbiert wird. Rottöne verschwinden zuerst. Dieses Naturphänomen nennt man Extinktion.

„Meine erste Leica habe ich vor 14 Jahren gekauft.
Ich bin mit ihr über fünf Kontinente gereist.
Ich bin besessen - wirklich.
Ich liebe die zeitlose Ästhetik der analogen Fotografie.
Deshalb begann ich, Leica R-Objektive zu sammeln.
Jetzt muss ich mich nicht mehr entscheiden.
Die Leica SL3-S vereint Film und Fotografie mühelos.“

– Martina Trepczyk