Pan Walther "Magie des Lichts"
Die Leica Galerie Konstanz präsentiert Werke des deutschen Fotografen Pan Walther

Portrait, Landschaft und Fotografik stehen im Mittelpunkt des jahrzehntelangen Schaffens von Pan Walther. Aufnahmen mit harten Schwarz-Weiß-Kontrasten, Gegenlicht, Unter- oder Aufsichten, Verfremdungseffekten sind charakteristisch für den Künstler, der sich Lichtbildner nannte und das Bilden mit Licht wörtlich nahm. Sein Umgang mit dem Medium ist erfinderisch, kreativ, experimentell, ja spielerisch. Ausgebildet in den Niederlanden und bei Franz Fiedler in seiner Heimatstadt Dresden sowie beeinflusst von der großen Portraitkunst Hugo Erfurths, entwickelt er in den 1940er Jahren eine eigene Methode, die sich keiner Stilrichtung eindeutig zuordnen lässt.

Für seine Portraits wählt Walther neutrale Hintergründe und meist enge Ausschnitte. Den Aufnahmen gehen Licht- und Perspektivstudien voraus. Bei Wilhelm Rudolph konzentriert er sich auf das Profil des Malers. Die raffinierte Lichtregie erforscht und betont die markanten Züge und sie erzeugt eine plastische Wirkung aus Höhen und Tiefen. Einfühlsam und ausdrucksstark ist auch das Halbporträt Josef Hegenbarths, eher eine Beobachtung aus dem Augenblick heraus, die den Maler in zeichnerischer Versunkenheit durchdringt.

1950 zieht Walther mit seiner Frau, der Fotografin Christine Bellmann, aus politischen Gründen von Dresden nach Münster und gründet mit ihr ein neues Atelier, das er bis 1985 betreibt. Neben den Bildnissen berühmter Zeitgenossen, darunter Otto Dix und Willy Brandt, rückt nun auch die Landschafts- und Reisefotografie in den Fokus. Besonders der Mittelmeerraum hat es ihm angetan. In der Türkei fängt er den Zauber antiker Kultstätten ein. Sein Hauptaugenmerk gilt aber weiterhin den Menschen. Wie im Atelier sucht er auch draußen die intensive und lebendige Begegnung mit den Protagonisten. Häufig reist er nach Saintes-Maries-de-la-Mer in der Carmargue, wo sich Sinti und Roma zur Wallfahrt einfinden. Ihre Lebensweise und ihr Temperament kommen dem Freigeist Walther sehr nahe. Als würde er an ihrem Leben teilhaben, erzählt er in atmosphärisch dichten, teils poetischen Bildern von ihren Bräuchen zu Ehren ihrer Schutzpatronin, der schwarzen Sara.

Bis zu seinem Weggang aus Dresden experimentiert Walther auch mit Edeldrucken. Die Kopierverfahren mit feinen Tonabstufungen und reizvollen Oberflächenstrukturen haben eine malerische Anmutung. An ihre Stelle treten formstrenge Bilder mit expressiven schwarzen und weißen Flächenaufteilungen. Die Arbeit in der Dunkelkammer bleibt essentiell, erst hier erhält das Bild durch den gekonnten Einsatz technischer Verfahren seine endgültige Form. In seinen Fotografiken reizt er die Wirkungskraft der künstlerischen Gestaltungsmittel bis zum Äußersten aus, wovon Landschaftsaufnahmen aus Kappadokien oder von der Insel Krk zeugen.

Bis etwa 1980 favorisiert Walther das Einzelbild und steht hinter der Kamera. Dann wechselt er die Seiten, wird sein eigenes Modell und inszeniert sich in verschiedenen Rollen. Mal steht er auf einem wackeligen Podest, entblößt bis auf ein paar Streifen lumpigen Tuchs, mal ist sein nackter Körper von Sonnenblumen und Kohl umhüllt. Die clownesken Auftritte wirken wie eine Ironie gegen sich selbst, können aber auch als eine Art hilfloser Protest gegen die Widrigkeiten des Lebens gelesen werden. Er selbst spricht von seinen Aktionen als liebenswerte Formen einer Abneigung gegen Strammstehen, Heldentum, Totschießenlassen und falsches Ehrgefühl.

Alle ausgestellten Fotografien stammen von der Aufnahme bis zum fertigen Abzug aus der Hand Walthers. Seine Prinzipien und seine Arbeitsweise hat er 1981 und 1986 in „Sehen, Empfinden, Gestalten“ und „Künstlerische Porträt-Fotografie“ in Bild und Text treffend dargestellt.

Dorothea Cremer-Schacht

Biografie

Pan Walther, einer der bedeutendsten deutschen Portraitfotografen nach 1945, wurde am 10. November 1921 in Dresden geboren. Mit seiner ungewöhnlichen Portraitierweise hat der die Entwicklung der Fotografie bereichert. Mit 15 Jahren zieht er nach Den Haag. Dort vermittelt ihm sein Vater Friedrich Grünberg grundlegende fotografische Kenntnisse, die er bei Henri Berssenbrugge vertieft und 1941, zurück in Dresden, in der Fachschule von Franz Fiedler vervollständigt. Fiedlers offener, die bildende Kunst einbeziehender Unterricht wie auch die Portraitkunst des bedeutenden Dresdners Hugo Erfurth beeinflussen seinen ungewöhnlichen Stil. 1943 wird er zum Kriegsdienst eingezogen. Nach 1945 arbeitet er zunächst als freier Lichtbildner. Im Auftrag der russischen Besatzer reproduziert er Prospekte von ehemaligen Industrieanlagen und kommt so, an dringend benötigte Filme und Fotopapier für seine eigene Arbeit. 1946 legt er die Meisterprüfung ab und gründet im Jahr darauf gemeinsam mit seiner Frau, der Fotografin Christine Bellmann, ein Lichtbildatelier. Es entstehen zahlreiche Bildnisse von Dresdner Künstlern. 1950 zieht er aus politischen Gründen mit seiner Frau nach Münster und eröffnet mit ihr zusammen ein neues Porträtatelier, das bis 1985 besteht.

Ebenso wichtig wie die eigene Fotografie ist ihm die Lehrtätigkeit. Über 30 Jahre unterrichtet er an verschiedenen Schulen und Hochschulen, zuletzt als Professor an der Fachhochschule Dortmund. Dort baut er den Studiengang Fotografie auf. Generationen von Fotografen und Fotografinnen hat er in diesen Jahren fachlich und menschlich gefördert und begleitet; zu seinen frühen Schülern gehört die namhafte Fotografin Evelyn Richter, deren Spätwerk 2021 hier gezeigt wurde. Sein umfangreiches Oeuvre umfasst zahlreiche Reiselandschaften und -portraits aus vielen Landstrichen Europas und Nordafrikas. Er stirbt am 14. November 1987 während einer Reise in Bangkok.

Walther war umtriebiges Mitglied in mehreren Künstlervereinigungen und Mitbegründer des renommierten BFF (Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter). Sein Bildwerk ist in zahlreichen Sammlungen vertreten, unter anderem im Museum of Modern Art New York. Der Nachlass befindet sich im Stadtmuseum Münster. 1973 wird er mit dem Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet.

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