Die Hoffnung stirbt zuletzt – so heißt es doch. Aber ist dem wirklich so? Kann es Hoffnung geben, wenn Kinder auf Friedhöfen leben und in Gräbern nächtigen müssen? Kann es Hoffnung geben, wenn junge Mädchen, kaum acht Jahre alt, von ihrem Onkel oder Großvater missbraucht werden? Kann es Hoffnung geben, wenn die Kinder von früh morgens bis spät abends in Müllhalden nach Verwert- barem suchen, um am Ende des Tages mit Glück eine Mahlzeit zu bekommen? Kann es Hoffnung geben, wenn ein kleines Mädchen in der Zwangsprostitution bereits zwei Abtreibungen hinter sich hat? Die Antwort – ein klares JA – es sind der Glaube, die Liebe und die Hoffnung, welche die Kinder antreiben. Die Hoffnung auf ein besseres Leben & das Streben nach Glück treiben sie an und geben ihnen Kraft. Zwischen all dem Durcheinander, der Armut und den dunklen Schatten, ist es diese Hoffnung und dieser unbeirrbare Glaube, welchen man in den Augen der Kinder sehen und in ihren Herzen spüren kann. Sie machen weiter, sie kämpfen, sie geben nicht auf... und das dürfen wir auch nicht!
Es war der Gedanke etwas zurück zu geben. Bei all den zahlreichen Werbeproduktionen, den Mode- strecken, den Portraits rund um den Globus hat man natürlich viel erlebt und viel gesehen... zumeist nur Gutes. Ich habe inspirierende Menschen getroffen, magische Orte bereist und intensive Momente erlebt. Die Welt hat mir viel gegeben und es war nun an der Zeit sich zu revanchieren. Doch wie, wo und vor allem bei wem? Zehn deutsche Hilfsorganisationen hatte ich daher angeschrieben und meine Unterstützung angeboten und viel mehr noch, meine Vision in den Raum gestellt von einem Pionierprojekt der sozialen Verantwortung innerhalb der Fotografie. Nach zahlreichen Gesprächen, Überlegungen und beim Vergleich der knallharten Fakten, viel meine Wahl auf die Projekte der Aktionsgruppe Kinder in Not e.V. auf den Philippinen. Friedhofskinder, Müllkippenkinder, Zwangsprostitution von Kindern waren dabei die Begriffe, welche mich erstarren ließen und mich dazu bewegt hatten hier zu beginnen.
Der erste Schritt war getan, das Projekt steht, doch wie geht’s weiter? Sollte man sich vorbereiten, körperlich mit Impfungen et cetera... oder die viel wichtigere Frage, mental? Schließlich möchte man meinen, dass einen einiges erwartet, wenn man von Kindern auf Friedhöfen und Müllkippen hört. Selbstverständlich informiert man sich dann im Vorfeld, liest Berichte, sieht Reportagen darüber... aber nun, im Nachhinein betrachtet, hätte es nichts gegeben, was mich tatsächlich auf diese Reise hätte vorbereiten können.
Wenn man erst mal in mitten des Sumpfes aus Müll, Ratten, abgemagerten und erkrankten Hunden steht und dann in einem Bretterverschlag, gerade mal 2×2 Meter ein kleines Mädchen, weinend und umzingelt von Fliegen vor einem steht... was will man sich da vorbereiten und wie könnte man sich überhaupt anmaßen, dass man sich auf so etwas vorbereiten könnte. Und doch, ich habe meine Mission und muss daher funktionieren, als der welcher ich bin... der Fotograf, der vermeintliche Voyeur, der das Unmittelbare realisiert und festhält, ohne dabei zu interagieren, ohne zu verändern. Und was sollte man auch verändern, einem weinenden Kind sagen „Bitte lächeln, hier kommt das Vöglein“?... Schwachsinn! Der Moment war da, in seiner vollen und gnadenlosen Härte, ungeschönt... also halte ich drauf und drücke den Auslöser...
Biografie
Geboren und aufgewachsen in einem kleinen Dorf in der bayrischen Provinz, begann Alexander von Wiedenbeck die Fotografie als Autodidakt zu Beginn der 2000er Jahre innerhalb seiner damals gegründeten und von ihm geführten Werbeagentur. Doch hat sich sein Blick für das Wesentliche in all der Zeit stets weiterentwickelt und verändert. Ein wichtiger Schlüsselmoment in dieser Entwicklung, war der Besuch einer Lecture des Fotografen Peter Lindbergh im Jahr 2010, welcher gemeinsam mit Jim Rakete über die Vergangenheit philosophierte und die gemeinsamen Erlebnisse aus den 80er und 90er Jahren Revue passieren lies. Alexander entdeckte daraufhin eine Fotografie abseits der künstlichen und zuweilen überretuschierten Werbewelt und entschied sich für einen Weg hin zur „echten“ Fotografie, mit dem Schwerpunkt darauf, unverfälschte und authentische Geschichten zu erzählen.
Eine weitere, wegweisende Entscheidung nur wenige Jahre später, war die Rückbesinnung zu einem Werkzeug, welches die volle Aufmerksamkeit des Fotografen erfordert - eine Leica M Monochrom. Bis heute setzt der Fotograf auf diese reduzierte Kameratechnik und sogar noch einen Schritt weiter, fotografiert er seit einigen Jahren auch wieder mit einer analogen Leica M6 und entwickelt die Fotografien wieder selbst - eine weitere Rückbesinnung auf das Wesentliche des Mediums und eine Hommage an die großen Meister der Fotografie aus vergangenen Zeiten.
Leica Galerie Konstanz
Samstag 9.30 - 14.00 Uhr